Unser Erlebnisaufenthalt auf der Finca Ca’n Llompart

„Wusstest du, dass Meerwasser salzig ist?“, fragt Janine ihre Freundin Nicole, beide 14. Die schüttelt den Kopf. Die beiden sind zu Gast auf der Finca Ca’n Llompart, dem therapeutischen Ferienhaus der Peter Maffay Stiftung im Norden Mallorcas. Und beide sind zum ersten Mal am Meer.

Zwischen Olivenhainen und Zitronenplantagen gelegen ist Ca’n Llompart ein Ort, an dem die Zeit still zu stehen scheint. „Auf unserer Finca wollen wir Kindern und Jugendlichen, die Schweres durchlebt haben, einen Augenblick der Ruhe und des Durchatmens schenken“, erklärt Peter Maffay, Stifter und Gründer der Initiative. Bis zu 300 Kinder und Jugendliche verbringen hier jährlich mit ihren Betreuern „Urlaub von Zuhause“ – für viele von ihnen ist das die erste große Reise ihres Lebens. Gerade ist eine Gruppe von 10 Schülerinnen und Schülern der Hannoveraner Maximilian-Kolbe-Schule, Förderschule für Lernhilfe, zu Besuch. Zusätzlich zum Reisegepäck hat jeder von ihnen sein ganz eigenes Päckchen zu tragen: den Verlust eines Elternteils, Suchtproblematiken, psychische oder physische Gewalt. Eines haben sie alle gemeinsam: Sie haben es nicht leicht im Leben. Aber in diesen Tagen in dem freundlichen Ferienhaus unter der spanischen Sonne scheinen diese Belastungen sehr weit weg zu sein.

„Ich kann es kaum glauben. Ich habe unsere Schüler noch nie so ausgeglichen erlebt. Wir sind erst fünf Tage da und sie sind wie ausgewechselt“, erzählt Christiane Maaßen, eine der drei mitgereisten Lehrerinnen beim Mittagessen auf der Veranda des Hauses. Gemeinsam mit der Gruppe hat sie das Mittagessen zubereitet: Salat, Brot, Oliven, Serrano-Schinken und Käse der benachbarten Finca Ca`n Sureda, die ebenfalls zur Peter Maffay Stiftung gehört. Tellerklappern und heiteres Geplauder dringen durch die Mittagsstille.

Zusammen kochen, gemeinsam essen und miteinander sprechen – für die Jungen und Mädchen der Maximilian-Kolbe-Schule ist das nicht selbstverständlich. „Wir haben die Schülerinnen und Schüler mit hierher genommen, die sich zu Hause besonders schwer tun, einen sehr geringen Selbstwert haben und mit ihrem Verhalten ständig auffallen “, erzählt Brigitte Kumkar, Direktorin der Schule. „Es ist schön und zugleich erschütternd zu sehen, wie anders sie sich und ihre Mitschüler in einem freundlichen, fördernden Umfeld erleben und wie fröhlich, umsichtig und zuvorkommend sie sind“. Julia David, als Sozialpsychologin für die Organisation der Aufenthalte vor Ort zuständig, nickt nachdenklich. „Diese schnelle Veränderung beobachten wir bei vielen Gruppen“, erzählt sie. „Ein klar strukturierter Tagesablauf, spannende Unternehmungen, eigene Verantwortlichkeiten – die Kinder fühlen sich einfach wohl auf der Finca. Und sie erleben sich, oft zum ersten Mal in ihrem Leben, als Teil einer Gruppe“, fügt sie hinzu.

Das gemeinsame Erleben beginnt gleich morgens mit dem Klingeln des Weckers. Oder schon ein paar Minuten vorher. „Unsere Schüler stehen tatsächlich vor dem Weckerklingeln auf, um mit unserem Sportassistenten Phillip joggen zu gehen. Noch nie haben sie sich freiwillig so viel bewegt wie hier“, staunt Maaßen. Ganz klar, die Kinder haben Spaß an ihrem abwechslungsreichen Tagesprogramm.  Neben dem täglichen Füttern der Ziegen und Esel, dem Tischdecken, Frühstück, Einkauf, Kochen und Abwasch hält jeder Tag eine weitere Unternehmung bereit: Wandern, Zitronen pflücken, Kuchen backen, Holzarbeiten oder eine Klettertour ins Höhlenreich der Insel. Das volle Programm ist wichtig. „Wenn zuviel Leerlauf entsteht, kann`s auch mal schwierig werden“, sagt Maaßen mit Blick auf ihre Schüler.

Fast nebenbei kommen bei diesen Unternehmungen Themen zur Sprache, die den Jugendlichen auf der Seele liegen. Auf einer Wanderung durch die fremde Landschaft landen sie oft unbemerkt in der eigenen problematischen Geschichte – und sie finden aufmerksame Zuhörer, in ihren Betreuern, aber auch in den anderen Jugendlichen.  „Einander zuhören, für einander da sein – das erleben die Schülerinnen und Schüler bei einander wenig. Ich wünsche ihnen sehr, dass sie hiervon etwas mit nach Hause nehmen können“, erklärt Kumkar.

Eine nachhaltige Veränderung, das ist auch Wunsch des Initiators, der neben der Finca Ca’n Llompart gerade ähnliche Projekte in Rumänien und im Landkreis Starnberg gestartet hat. Hierfür hat Peter Maffay viele Unterstützer und Sponsoren gefunden, die TUI AG ist eine davon. Sie sponsert die Flüge aller Teilnehmer nach Mallorca. „Ich finde das Engagement von Peter Maffay für benachteiligte Kinder herausragend. Wir fördern mit unserer eigenen TUI Stiftung bereits selbst viele Projekte in diesem Bereich – und freuen uns sehr, im Rahmen einer Kooperation mit der Peter Maffay Stiftung einen weiteren Beitrag leisten zu können“, erklärt Dr. Michael Frenzel, Vorstandsvorsitzender der TUI AG. Bei aller Unterstützung bleibt Peter Maffay jedoch realistisch: „Wir machen uns keine Illusionen. Wir maßen uns nicht an, dass wir mit unseren Angeboten im Großen etwas verändern können. Aber der erste Flug, der Umgang mit unseren Tieren, das Kennenlernen der zum Teil unberührten Natur und einer fremden Kultur – all dies sind Erlebnisse, die den Kindern und Jugendlichen Kraft und Werte für die Zukunft geben. Außerdem glauben wir fest daran, dass jedes zusätzliche Lächeln der Kinder eine Bereicherung ist“, sagt er und lächelt selbst.

*Namen von der Redaktion geändert.